1.) Einleitung
Grundlage unserer Projekte und der Art und Weise wie wir diese Projekte betreiben ist die „gegenseitige, solidarische Hilfe“ innerhalb der Gruppe und eine aktive, kapitalismus- und warenkritische politische Haltung. Diese versuchen wir in unserem Alltag und in unseren Projekten zu verwirklichen. Dabei geht es uns vor allem darum, die realen Missstände des Kapitalismus zu kritisieren. Die aktuelle Wirtschaftsform ruft einen ungeheuren Überfluss an Dingen hervor. Zu wenige Menschen sind bisher an Nachhaltigkeit interessiert und es werden Unmengen an Dingen weggeworfen. Dagegen gibt es andererseits weltweit und auch bei uns so viele Menschen, die zu wenig haben von den Dingen, die sie benötigen. Die Reichen werden immer reicher. Wenn man dann noch bedenkt, unter was für menschenunwürdigen Bedingungen und mit was für ökologischen Schäden viele dieser Dinge produziert werden, sieht man, dass das nicht endlos so weitergehen kann. In all unseren Projekten steht das Prinzip der Nachhaltigkeit ganz oben und mit ihm eine indirekte Konsum - und Kapitalismuskritik - und das Motto “Reparatur statt Wegwerfen.“
Unser Ziel ist ein wertschätzender Umgang mit Dingen, Aktiven und allen Besucher*innen. Wir sehen unsere Projekte ebenfalls als Begegnungsstätte von Menschen mit einer ähnlichen Grundhaltung und sind bereit, gemeinsam zu lernen und uns zu entwickeln. Wir wollen weiterhin als Solidargemeinschaft der gegenseitigen Hilfe den Druck der Erwerbsarbeit mildern. Dafür schaffen wir Freiräume, in denen wir versuchen mit unserer gegenseitigen Hilfe die allgegenwärtigen Zwänge des Marktes zu verringern. Viele von uns betrachten eine praktische Kritik der Erwerbsarbeit als Kern unseres Vereins. Andere arbeiten zunächst einfach in einem der bestehenden Projekte mit.
2.) "Praktische Kritik der Erwerbsarbeit", gegenseitige Hilfe und mehr
Als Projektgemeinschaft gegenseitiger Hilfen "auf Augenhöhe" haben wir angefangen, einen sich hoffentlich weiter demokratisierenden Freiraum aufzubauen. Wir verkaufen uns nichts, sondern geben uns gegenseitig möglichst das, was wir brauchen. Damit entlasten wir uns ein wenig von den Zwängen der Erwerbsarbeit. Dabei geht es uns nicht darum, diese marktbezogene Erwerbsarbeit pauschal schlecht darzustellen. Allerdings sind viele auf Dauer mit dieser Art Arbeit unzufrieden.
Die abhängige Erwerbsarbeit oder Lohnarbeit ist nur deshalb möglich, weil wir damit das Kapital als gesellschaftlich bestimmende Kraft hervorbringen und ständig stärken. Nur durch den Mehrwert, also den Geldanteil, der über unseren Lohn hinaus abzüglich aller sonstigen Kosten beim Unternehmen bleibt, kann Kapital wachsen. Dabei schlucken ständig die großen Kapitalien die kleineren und bilden einen Gegenpol zu den Demokratisierungs- und Selbstbestimmungsbedürfnissen vieler Menschen.
In dieser Gesellschaft müssen die meisten von uns noch Erwerbsarbeit betreiben, wenn sie leben wollen. Wir können versuchen, diese mit unseren Tätigkeitsneigungen so gut es geht zu verbinden. Aber häufig gelingt das nicht. Es entsteht langweilige Alltagsroutine aus der Menschen sich nur wegträumen können oder sich auf Wochenenden und den Urlaub freuen. Erwerbsarbeit macht viele Menschen auch körperlich, aber inzwischen mehr noch seelisch krank. Erwerbslosigkeit als dazu gehörige Kehrseite der Erwerbsarbeit schränkt Menschen in der Teilnahme vom (oft kommerziell durchsetzten ...) kulturellen Leben ein. Sie sind von der Art Anerkennung ausgeschlossen, die über Erwerbsarbeit läuft. Auch zu anstrengende Erwerbsarbeit kann zu Einschränkungen am kulturellen Leben führen.
Aus unserer Sicht ist es jedoch unzureichend, die Schattenseiten herkömmlicher Erwerbsarbeit nur zu kritisieren. Deshalb probieren wir lieber eine selbstbestimmte, selbstorganisierte, verabredete Arbeit aus, die uns im Nahbereich einen praktischen Nutzen, auch viel gegenseitige Bestätigung und Anerkennung bringen kann. Ein praktischer Ansatz zu solcher Arbeit ist für uns eine vielfältige individuelle gegenseitige Hilfe untereinander. Dabei versorgen wir uns – genauso wie die vielen BesucherInnen unserer Projekte - mit benötigten Dingen. Darüber hinaus helfen wir uns mit unseren verschiedenen Fähigkeiten gegenseitig. Wir wollen ebenfalls eine Weiterentwicklung von Reparaturfähigkeiten von uns Aktiven und von unseren BesucherInnen fördern. Dazu haben wir u.a. die Idee einer „Multi-Funktions-Werkstatt“, mit einigen verschiedene „Gewerken“ unter einem Dach, die aus einem Ausbau unserer Reparatur-Werkstatt entstehen könnte. Wir wünschen uns Leute, die in unserem selbstbestimmten und dezentralen Rahmen eine Produktion für ein Netzwerk von Beteiligten entwickeln wollen.
3.) Diese Projekte gibt es schon
Umsonstladen - Wie die Projektgemeinschaft gibt es den Umsonstladen seit dem 1. März 1999. Jede(r) kann Haushaltsdinge, Bücher, Kinderspielzeug, CD's, Kleidung etc. dort abgeben, wenn er/sie es nicht mehr braucht. Es wird so ziemlich alles angenommen, was im Haushalt herum fliegt und was eine Person bequem tragen kann. Diese Dinge versuchen wir dann im Sinne der Nachhaltigkeit und Kapitalismuskritik an andere Menschen zum persönlichen Gebrauch weiter zu verteilen. Dabei sind wir auch auf Geldspenden der Besucher*innen angewiesen um die Raummiete zu bezahlen. Zugleich wollen wir gerne ein Treffpunkt für Gleichgesinnte sein und unterstützen mit Sachspenden auch andere Projekte (Flüchtlinge, Kollektives Zentrum). Zu guter Letzt ist ein Umsonstladen aus ökologischer Sicht sinnvoll, weil brauchbare Dinge nicht einfach auf den Müll geworfen, sondern der weiteren Nutzung zugeführt, sozusagen sozial recycelt werden.
Repair-Café - Eines der Ziele unserer Selbsthilfewerkstatt ist es Ressourcen zu schonen. Immer wieder machen Nutzerinnen die freudige Erfahrung, dass beschädigte Sachen mit wenigen Handgriffen zu reparieren sind. Sie stellen dabei fest, dass sie ihre Fähigkeiten massiv unterschätzt haben. Kommen Nutzerinnen bei ihren Reparatur-Versuchen an ihre Grenzen, stehen wir gerne helfend zur Seite.
Saatgut für alle - Seit mehreren Jahren können im Herbst und Winter Samen von Blumen und Gemüse in Briefumschlägen bzw. kleinen Tüten im Umsonstladen abgegeben werden. Im Frühjahr werden diese zur Aussaat an alle interessierten Menschen ausgegeben.
Umsonstfest - Das Umsonstfest findet seit 2008 jeden Sommer mit mittlerweile über 1000 Besucher*innen statt. Es gibt keine Preise, durch Spenden werden unvermeidliche Kosten gedeckt. Jede(r) soll die Erfahrung machen, den Tag ohne Geld zu verbringen und Interessierten der alternativen Ökonomie wird ein Ort der Begegnung und Darstellung geboten. Alle sind eingeladen, sich an diesem wirklich unkommerziellem Fest zu beteiligen, sei es durch Mithilfe, Bandauftritte, Verschenkstände, Mitmachaktivitäten oder sonstige Angebote.Das Umsonstest findet beim Centro Sociale statt.
4.) Im AK LÖK angestrebte Verhaltensweisen
Wir wollen in unseren Projekten friedlich, gleichberechtigt und selbstbestimmt miteinander arbeiten. Dabei soll es keine Chefs geben und keine Hierarchien. Grundsätzlich streben wir einen solidarischen, wertschätzenden Umgang miteinander an, auch nach außen und im Umgang mit Dingen in den Projekten. Wir wollen uns darin üben, Maß zu halten in unserem eigenen Konsum.
Diese Grundregeln sollen unter anderem dazu führen, dass wir uns besser kennen und schätzen lernen, lernen, Eigenheiten zu tolerieren - soweit sie nicht zu Konflikten führen - und eine bessere persönliche Basis zu den anderen Aktiven ausbilden. Wir versuchen, die positiven Seiten an uns zu fördern und die negativen zu verringern, ohne uns dabei zu bevormunden oder die Selbstkritik zu vergessen. Nach außen wollen wir eine Willkommenskultur leben in der jeder und jede freundlich begrüßt wird, wenn er/sie sich in Projekte einbringen möchte. Natürlich herrschen die üblichen "No-Gos": Wir dulden bei uns und in unserem Umfeld keine Fremdenfeindlichkeit, keinen Seximus oder andere Formen der Diskriminierung, keinen Rassismus, keinen Nationalismus, keine Stigmatisierung Einzelner und schon gar keine Gewalt oder Gewaltäußerungen.
Dies alles sind Zielvorstellungen, an denen wir in Prozessen arbeiten und wir sind uns bewusst, dass es immer wieder zu Konflikten kommen wird. Diese Konflikte wollen wir nicht vermeiden, sondern versuchen an ihnen zu wachsen und aus ihnen zu lernen. Dazu wollen wir die Konflikte transparent, lösungsorientiert, konstruktiv und mit Geduld und Empathie angehen und möglichst niemanden dabei persönlich angreifen. Wenn z.B. zwei Aktive einen Streit miteinander nicht lösen können, besteht jederzeit die Möglichkeit, sich einen oder zwei VermittlerInnen zu holen. Zur Not werden wir Konflikte in der Gruppe auch nur beleuchten und einfach existieren lassen, wenn aktuell nur das möglich scheint und kein gemeinsamer Nenner gefunden werden kann. Es besteht kein Konsenszwang.
Langfristig streben wir in unserer Gruppe eine immer wieder selbstkritisch zu überprüfende weitere Demokratisierung an. Das bedeutet, wir ebnen die Wege dafür, dass allmählich ein wachsender Teil von uns Lust entwickelt, sich aktiv an der Gestaltung und am Entscheidungsprozess der Gesamtgruppe zu beteiligen. Dabei ist es Aufgabe all derer, die zunächst noch verhältnismäßig viel bestimmenden Einfluss auf das Gruppenleben nehmen, Räume und Redezeiten frei zu lassen, nicht zu viel allein zu tun, auch Krisen zuzulassen, damit die anderen wachsen können. Den neu zu uns Kommenden wollen wir eine zunehmende Sicherheit vermitteln: Hier werdet ihr nicht als Mitläufer sondern als Mitgestaltende und Bestimmende aufgenommen.
5.) Wie treffen wir Entscheidungen?
Am ersten Montag im Monat finden die Arbeitskreis-Treffen statt, auf denen Aktive aus allen Projekten zusammenkommen. Dort werden die gemeinsamen Angelegenheiten des AK LÖK, alles über die Art und Weise des gemeinsamen Wirtschaftens, besprochen und entschieden. Jedes Einzelprojekt schickt zu den Arbeitskreis-Sitzungen mindestens eine/n VertreterIn, die die Verbindung zu den anderen hält und von den Teilprojekten berichtet. Möglichst alle Aktive sollten sich an Gesprächen, Verabredungen und Entscheidungsfindung in Bezug auf die Gesamtgruppe beteiligen. Das Treffen ist natürlich offen für alle Interessierten und Aktiven.
Die Angelegenheiten, die bloß ein Projekt betreffen, werden unabhängig davon auf den Treffen der einzelnen Projekte besprochen und entschieden. Eine gewisse regelmäßige Absprache der Beteiligten in den Einzelprojekten und Öffnungszeit-Gruppen halten wir für unerlässlich. Entscheidungen werden von den anwesenden Aktiven getroffen. Dabei sind uns einigende, auf unser gemeinsames Handeln bezogene, Gespräche wichtiger als formelle Beschlüsse. Wenn aber abgestimmt werden soll, praktizieren wir weder die reine Mehrheitsentscheidung noch die reine Konsens-entscheidung. Hat sich bei einer Abstimmung eine Mehrheit für etwas entschieden, dann gilt dies als Beschluss, vorausgesetzt diejenigen mit anderer Meinung akzeptieren diese Mehrheitsentscheidung. Wenn aber eine oder einige diese Entscheidung grundsätzlich ablehnen, dann suchen wir nach einer Konsenslösung, die von allen akzeptiert wird. Wenn wir in einer grundlegenden Frage keine Lösung finden können, gehen wir weiter von der uns verbindenden gegenseitigen Hilfe aus und vom bisherigen Stand in der verhandelten Frage. Die unterschiedlichen Standpunkte werden dann kurz dargestellt und das Gespräch darüber geht weiter. Indem wir diese Standpunkte durchsichtig festhalten (Protokoll), verzichten wir darauf, dass eine Mehrheit einer Minderheit ihren Willen aufdrückt. Wenn gegensätzliche Positionen sich über einen längeren Zeitraum als nicht lösbar erweisen, können sie auch beide in diese Grundsätze aufgenommen werden.
Wir achten darauf in unseren Grundsätzen, nur rahmensetzende "Minimalspielregeln" zu beschließen, die nicht zu viele und zu komplex werden dürfen. Denn zu viele Beschlüsse bzw. Regeln machen unser Zusammenwirken zu unübersichtlich.
6.) Verschiedenes
Damit alle Aktiven gut ihren Neigungen nachgehen und damit die gegenseitge Hilfe stärken können, gibt es bei uns eine „Liste der gemeinschaftsnötigen Tätigkeiten“ (z.B. Kasse, Buchführung, Kontakt zur SAGA, zur fux-Genossenschaft, Mitgliederbeiträge / Übersicht, Betreuung unserer Homepage, des Transporters, u.s.w.). Diese Arbeiten werden ab und zu breiter verteilt. Auch neue Aktive sind willkommen, sich daran aktiv zu beteiligen. Damit Leute, die bei uns mitmachen wollen, gut zu uns hineinfinden, gibt es regelmäßige Neuentreffen, die von einer Gruppe von Aktiven begleitet werden. Jede (r) soll die individuellen Neigungen und Fähigkeiten mit einbringen können. Das erste halbe Jahr dient den Neuen und der Gruppe dazu, herauszufinden, ob wir gut zusammenpassen. Dabei legen wir auf der Grundlage der Freiwilligkeit den Schwerpunkt darauf, die Projekte neben den beiden Umsonstläden zu stärken, weil nur so die gegenseitige Hilfe wachsen kann.
7.) Schlussbemerkung
Wir bleiben weltanschaulich vielfältig, basisdemokratisch, praxisbezogen, unabhängig und offen, auch so selbstkritisch wie möglich. Wir versuchen nicht, uns gegenseitig auf bestimmte Weltbilder hin zu "vereinheitlichen". Lasst uns weiter eine flexible Taktik des kritischen Umgangs mit der Warenwelt entwickeln, mit der es Spaß macht, mit vielen anderen Menschen in Richtung tätiger Mitmenschlichkeit auszuwandern !
Arbeitskreis Lokale Ökonomie
Hamburg, 7. März 2016 (älteste Fassung vom 26. April 2005, zuletzt
aktualisiert am 06. Oktober 2021)
jeden 1. Montag im Monat um 19 Uhr in der Bodenstedtstraße 16:
Plenum der Projekte im AK Lök.
Arbeitskreis Lokale Ökonomie e.V.
Bodenstedtstraße 16
22765 Hamburg
Tel.: 040 - 22 85 93 41
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